Glockenturm

1588 ließ Erzherzog Karl II. von Innerösterreich neben der Thomaskapelle einen freistehenden Glockenturm errichten. Im Glockengeschoss hängt die „Liesl“ genannte Glocke des sächsischen Gießers Martin Hilger. Der 38 Meter hohe Bau entstand im Kontext der steirischen Gegenreformation, im Zuge derer die damals vorwiegend protestantischen Landstände verfolgt, zum katholischen Glauben gezwungen sowie um 1600 des Landes verwiesen wurden. Der Glockenturm selbst beherbergte Gefängnisräume, darunter die sogenannte Bassgeige im Keller. Die Grazer Bürgerschaft rettete den Glockenturm 1809 vor der drohenden Schleifung. Im 20. Jahrhundert war in seinen Räumen zeitweilig das Schlossberg Museum untergebracht.

Schlossberg - Glockenturm | © Graz Tourismus - Harry Schiffer

Wissenswertes

Die „Liesl“, einst als Alarmglocke genutzt, erklingt noch heute um 07.00, 12.00 und 19.00 Uhr mit genau 101 Schlägen. Warum 101 Schläge? Einer Legende nach wurde die „Liesl“ aus 101 erbeuteten Kanonenkugeln der Türken gegossen – daher die Anzahl ihrer Schläge. Historisch betrachtet ist dies jedoch unwahrscheinlich, da Glocken in der Regel aus Bronze bestehen, während Kanonenkugeln aus anderem Material gefertigt wurden. Tatsächlich stammt das Metall für den Glockenguss aus dem Zeughaus, wo es speziell für diesen Zweck bereitgestellt wurde.

Mit ihrer beeindruckenden Renaissance-Architektur, ihrer bewegten Geschichte und imposanten Größe zählt die „Liesl“ zu den bedeutendsten Glocken der Steiermark. Auf der Glocke ist eine lateinische Inschrift zu finden, die besagt: „Man nennt mich Glocke, niemals verkünde ich Unbedeutendes. Ich läute Feste ein und den Tod der sterblichen Menschen, wie den kommenden Sturm. Andere rufe ich zur Kirche, ich selbst bleibe aber immer hier.“ In der Inschrift eingeschoben findet man das Wappen des Gießers Martin Hilger und auf beiden Seiten zu lesen ist: „Martin Hilger goss mich“.

Als die „Liesl“ verstummte – und wieder zum Leben erwachte: Im Jahr 2012 ereignete sich ein unerwartetes Kapitel in der Geschichte der „Liesl“: Ein Stück des jahrhundertealten Klöppels brach aus, und die 4.633 Kilo schwere Glocke verstummte. Nach eingehender Prüfung fiel die Entscheidung, einen neuen Klöppel anzufertigen – und zwar von einer renommierten deutschen Freiformschmiede, die bereits 2011 für die Neuausstattung der berühmten Wiener „Pummerin“ verantwortlich war. Dank dieser meisterhaften Arbeit konnte die „Liesl“ ihre Stimme zurückgewinnen und erklingt seither wieder in gewohnter Stärke über Graz.

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Glockenturm I Schlossberg Graz
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Schlossberg 6, 8010 Graz